Ruine Neipperg

Deutschland

Baden-Württemberg

Kreis Heilbronn.

Im frühen 13. Jh. Doppelburganlage mit zwei Bergfrieden. Bezug 1241 vielleicht durch einen Reinbot, von Schwaigern aus. Stets im Besitz derer von Neipperg, Reichs- ministerialen, Grafen, Reichsgrafen 1726. In hohen Reichsdiensten betont eigenständig. 1766 im Schwäb. Reichsgrafenkollegium. Ende 20. Jh. Restaurierung der Burg.

Literatur: Bleyl 1973; Fleck 1979; Dähn 1980,86,92,01; Fekete 1996; Kraus 1997

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Ruine Neipperg
01 Auf Passhöhe des Heuchelbergs im abbauwürdigen Burgensandstein.
02 Burgsiedlung Neipperg.
03 Burg Neipperg: Unterer Turm, Stammhaus (im Burghorizont), Oberer Turm, großes Burghaus, Brücke über den äußeren Halsgraben. Im Vordergrund Wirtschaftsgebäude.
04 Burg Neipperg aus NO.
05 Plan der Burg, nach W. Bleyl 1961, bei Dähn 2001, 192.
06 Die Türme stehen schräg zueinander. Der Obere mit ausgedünnter SW-Mauer (Nr. 20/21) gegen den Unteren. Das deutet doch zunächst auf Erweiterung ohne Bedrohungsdruck, auf "Verdopplung" der Burg, vollends hinauf auf die bedrohlich heranstehende Höhe.
07 Sauber gerandeter Hocheingang des Unteren Bergfrieds, 10 m über dem Hof.
08 Unterer Bergfried, 9 x 7,9 m im Geviert, etwa 20 m hoch. Je Geschoss nur 12 qm Fläche. Noch "echter" Bergfried, Notunterkunft, allerdings mit überhöhender Aufstufung.
09 Kunstvoll gesetzter, aus 2,5 m dicker Turmmauer herausgezogener Aborterker.
10 Oberer Turm mit umlaufendem Gesims nach späterer Erhöhung. Die Burgmauer davor ist übereck ("für alle Fälle") von kraftvoll prächtiger Verteidiungskanzel besetzt.
11 Obenauf kündet ein Schlothäuschen vom Kamin im Turm.
12 An den Oberen Turm schließen Burghäuser späterer Baustile.
13 Hocheingang im NW des Oberen Turmes, etwa 8 m über Hofniveau.
14 Sauber gearbeitetes Gewände des Hocheingangs. Geglättete Quader nach rechts für "reibungslose" Nutzung des Auftrittpodests. Man erkennt noch dessen Montagespuren.
15 Oberer Turm, 9,85 x 9,75m, 26 m hoch. 36 qm Nutzfläche je Geschoss. Bequem, heizbar, mit repräsentativem "Rittersaal"! Das spricht von Erweiterung der unteren Burg um einen palasartigen Turm.
"Ein schlanker Berchfrit in Wohnturmgestalt" (Bleyl 131).
16 Künstlerischer Höhepunkt des Wohnbergfrieds sind zwei Biforien im "Maulbronner Übergangsstil" (1210 bis 1225). Sie schmücken den "Rittersaal" im 3. Obergeschoss gegen SO (Rom. Laibung ca. 132 x 230 cm).
17 In Höhe des Hocheingangs der Wohnraum mit spätromanischem Kamin. Wangenhöhe 227 cm, maximale Wangentiefe 127 cm.
18 Im 2. Geschoss "betritt man durch eine Türlaibung, spärliche 54 cm breit und immerhin 1,93 m hoch, das wahre Unikat eines Aborterkers" (Dähn 2001, 201). Die Innenweite misst 76 x 205 cm. Über dem nur 34 cm hohen Sitz ein dreieckiges Lüftungsloch. Die Einengung des Zylinders soll wohl Geruchsausbreitung und schädliche Zugluft verhindern.
19 Kunstvoller Aufbau des Aborterkers. Deutliche Fäkalienspur im Gemäuer.
20 Gerader Treppenverlauf innerhalb der SW-Mauer. Bei 1,95 m Mauerstärke bleibt für das "Treppenhaus" eine Breite von gerade 80 cm! Rechts ein Kamintürmchen.
21 Wendeltreppe in der W-Ecke des Turmes mit 32 Stufen. Die gesamte Treppenanlage ist mit insgesamt 89 Stufen ab Hocheingang in drei Außenmauern untergebracht. Die ca. 18 cm hohen Steinstufen (wie heute!) sind erkennbar "ausgestiefelt"! Rechts ein Lochfenster (oculus) wie auf Helfenberg!
22 Tor der Remise.
23 In der talwärtigen Remisenwand sitzt vergessen ein Kirchenfenster in verunruhigter Mauer. Entgegen dem Plan (Nr. 05) kaum der ursprüngliche Ort der Burgkapelle.
24 Unweit vom Kirchenfenster steigt aus der Hangtiefe der Nordwand eine kräftige Lisene empor. Sie endet als zwar kühler aber verschwiegen romantischer Austritt aus dem "Stammhaus", dem Palas (um 1300). Diese Nordwand zeigt bereits gotisches Gesicht.
25 Im Gräflich Neippergschen Schlosspark zu Schwaigern ein verträumter Turm. Stein gewordener Gedanke an die viel ältere Burg Neipperg jenseits des Heuchelbergs?
26 Trotz gegenteiliger Meinung anderswo: Ist das Turmfenster der Kirche zu Schwaigern nicht doch Erinnerung an die von Maulbronn inspirierten Neipperger Turmfenster?
27 Letzte lebende Bewohner des Wohnbergfrieds auf Neipperg!
28 Zwischen Wohnbergfried und "Stammhaus" ein altersschwaches Erkerchen gen NO als reizvolles Malermotiv (Rolf Boß, Bleisitift 17 x 10 cm).
29 Über Buntsandstein (s) und Muschelkalk (m) verfestigte sich vor 220 Mio Jahren im Keuper (k) als oberster Schicht der erdgeschichtlichen Trias der Schilfsandstein (km2).
In Sedimentsträngen zieht er weit ins Land, gefügiger Haustein der mittelalterlichen Steinmetze.
30 Dieser prächtig getönte Schilfsandstein gab vielerorts dem "architectus" (G. Binding 1993/96) die Quadermassen zur Burg und dem Steinmetz zugleich das feine Material für Zier und Skulptur am Bau. Auch hier, "vor Ort" über Neipperg, "wuchs" dieser Stein.